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Die Mistel in der Krebstherapie

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Sie ist eine sehr eigenwillige Pflanze: Die Mistel wächst im Winter, sie welkt nicht, wurzelt nicht in der Erde und richtet sich nicht nach der Sonne aus. Vielmehr gedeiht sie als Halbschmarotzer auf Laubbäumen, Kiefern und Tannen und entzieht den Bäumen über sogenannte „Senker“ Wasser und Salze. Man erkennt sie an ihrer kugeligen Gestalt mit immergrünen Blättern an Zweigen, die unbeeindruckt von Licht und Schwerkraft gleichmäßig in alle Richtungen wachsen. Sie blüht im Februar und März und trägt ihre Früchte im November und Dezember. Kein Wunder also, dass die Mistel bereits im Altertum Aufmerksamkeit erregt hat und medizinisch eingesetzt wurde.

Heute ist die Mistel als Heilpflanze insbesondere aus der komplementären Krebstherapie bekannt. Schon 1917 wurde das erste Mistelprodukt entwickelt, das Krebspatienten unter die Haut gespritzt wird. Weltweit existieren rund 1.200 Mistelarten, von denen aber nur die weißbeerige Mistel (Viscum album L.) in der Krebstherapie Anwendung findet. Von dieser gibt es wiederum drei Unterarten, die abgestimmt auf Tumorart und Patientensituation eingesetzt werden: Laubbaummistel, Kiefernmistel, Tannenmistel. Die Misteltherapie sollte immer von einem Arzt oder Heilpraktiker durchgeführt werden und kann vor, nach und begleitend zu einer onkologischen Standardtherapie erfolgen. 

Inhaltsstoffe

Mistelpräparate enthalten mehr als 1.000 verschiedene Stoffe, die – wie bei vielen Heilpflanzen – erst im Zusammenspiel ihre volle Wirkung entfalten. Ein Beispiel sind die Mistellektine, deren immunstabilisierende Wirkung und tumorhemmende Eigenschaften gut belegt sind. In der immunmodulierenden Wirkung werden diese zuckerhaltigen Eiweißstoffe unter anderem von Viscotoxinen und Polysacchariden, der Aminosäure Arginin, Flavonoiden als sekundären Pflanzenstoffen sowie einem hohen Anteil an Vitamin C ergänzt.

Anwendung

Mistelprodukte werden am Bauch oder Oberschenkel unter die Haut gespritzt. Nach entsprechender Anleitung durch den betreuenden Arzt oder Heilpraktiker können Patienten die Injektion zunehmend selbst übernehmen. Es ist ein normales und erwünschtes Reaktionszeichen des Körpers auf den Mistelextrakt, wenn sich die Einstichstelle vorübergehend rötet und anschwillt. Bleiben Rötung und Schwellung aus, kann der Behandler die Dosis steigern. Hat die Rötung einen Durchmesser von mehr als 5 cm, wird die Dosis verringert.

Wie wirkt die Misteltherapie?

Die Misteltherapie verbessert das Gesamtbefinden der Patienten und reguliert die Körperrhythmen (Temperatur, Schlaf, Verdauung). Im Rahmen einer Krebserkrankung und -behandlung ist das ein wichtiger Faktor. Denn Patienten, die emotional wie körperlich relativ stabil und vital sind, tolerieren in der Regel Standardtherapien wie Chemo-, Strahlen- oder Hormontherapie wesentlich besser. Beispielsweise wirkt die Misteltherapie gegen Fatigue, eine übermächtige Erschöpfung, die viele Krebspatienten daran hindert, ihren Alltag zu bewältigen. Weiterhin lindert die Misteltherapie Übelkeit und andere Beschwerden in Folge einer Chemotherapie, auch krankheitsbedingte Depressionen werden verbessert.

Empfohlen wird die Mistel vor allem bei soliden Tumoren, zum Beispiel bei Brust-, Eierstock-, Lungen- und Darmkrebs.

Studien belegen, dass die Misteltherapie die Lebensqualität signifikant verbessern und die Nebenwirkungen einer Chemotherapie verringern kann.

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Durchführung der Misteltherapie                                   

Der behandelnde Arzt oder Heilpraktiker wählt die passende Mistelart und führt die ersten Injektionen durch, die der Patient aber später zu Hause selbst setzen kann. Eine Misteltherapie wird von den gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) übernommen, wenn es sich um eine palliative Behandlungsmaßnahme handelt. Adjuvant ist eine Erstattung möglich, wenn schwere Nebenwirkungen der Chemotherapie gelindert werden sollen. Ein Rezept muss allerdings vorliegen. Die privaten Krankenkassen übernehmen in der Regel, je nach vertraglicher Vereinbarung, die Kosten der Misteltherapie.

 

Hinweis: Die Misteltherapie sollte immer von einem Arzt oder Heilpraktiker durchgeführt werden.

 

[1] Tröger et al. Additional Therapy with a Mistletoe Product during Adjuvant Chemotherapy of Breast Cancer Patients Improves Quality of Life: An Open Randomized Clinical Pilot Trial. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine 2014;Article ID 430518, 9 pages

[2] Kienle G und Kiene H. Influence of Viscum Album L (European mistletoe) extracts on quality of life in cancer patients. A systematic review of controlled clinical studies. Integrative Cancer Therapies 2010;9(2): 142-57

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